Samstag, 24. Juli 2004
Gewittruöse Unruhen
Wäre das donner- und blitzuöse Unheil gestern Abend nicht über uns hereingebrochen, hätten wir möglicherweise schon gestern den Weg gen Norden gesucht, um uns heute von Hamburg aus auf den einstündigen Weg nach Travemünde zu Sandworld zu machen. So kämpfte ich mich - wie viele andere, über die das Gewitter genauso unvorbereitet wie mich hereinbrach - die Straßen nur noch erahnen könnend von meiner Schlafstätte zum ca. 10 km entfernten Pan. Die Straßen glichen dem Ort einer Verwüstung: abgeknickte Bäume und sonstiger Unrat erschwerten das Vorankommen. Dem Scheibenwischer gelang es auch nicht mehr, die Fluten des Regens sichtfrei zu verdrängen. Einige Wagen standen vorsorglich am Rande der Fahrbahn, da sie sich keiner Gefahr ausliefern wollten. Ich überlegte, selbiges zu tun, doch der Weg zum Pan schien mir dem Grunde nach so nah. Überall Blaulichter ...
Ich schlich mich mit 25 km/h dem Ziel meines Herzens an, konnte und wollte aber als ich angekommen war nicht aus dem Auto steigen, obwohl es vom Parkplatz zum Hauseingang vielleicht gerade mal zehn Meter sind. Der Wind peitschte den monströsen Regen bedrohlich ans Fenster. Mein Vorhaben, den Pan zumindest telefonisch davon zu unterrichten, dass ich unversehrt angekommen bin, wurde dadurch untergraben, dass es keine Funkverbindung mehr gab. Glücklicherweise hat er mich dann vom Fenster aus gesehen und kam herunter, schlug sich einen heldenhaften Weg durch die wetterbedingten Entladungen, die ihn triefendnass im Auto ankommen ließen. Mein Gesicht erhellte sich umgehend, als ich diesen reizenden Menschen nach fünf Tagen der Entbehrung wieder sah. Wir machten das Radio an, alberten, aßen ein wenig von den mitgebrachten Speisen und hatten, abgesehen von des Pans Nässe, eine vergnüglich-gewittruöse Zeit in dem uns auf allen Wegen begleitenden schwarzen Flitzer.

Jetzt bin ich irgendwie aus dem gedanklichen Konzept geraten, da ich neben dem Telefonat mit dem lieblichen Jo, das vertraut zweisame Frühstück mit dem Pan anschloss, bei dem er – wie ich – immer das Gleiche zu uns nehmen: Während des Pans Gaumen sich von frischem Toast mit Quittengelee und Nutella verwöhnen lässt, mundet dem meinen Vollkornbrot mit körnigem Frischkäse.
Die Zeit drängt, der Norden wartet, ... und doch werden wir den Trip in aller Geruhsamkeit angehen, was ich an dem Pan, dessen primäres Anliegen stets das ist, dass es uns bei dem, was wir realisieren, gut geht, so sehr schätze.

Möge die Sonne mit uns sein!

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Freitag, 23. Juli 2004
Reif für den Kühlschrank
Die Luft ist so stickig und zäh, dass ich das Gefühl habe, kaum noch Atmen zu können, was mitunter durch die 28,6° C Raumtemperatur, in denen ich mein derzeitiges Dasein friste, begünstigt werden könnte.

Habe auf dem gestrigen Volontärstag erfahren, dass ich ggf. im November für vier Wochen nach Berlin darf, wo es einen Kompaktkurs journalistischer Grundregeln und Darstellungsformen, die es zwar bereits jetzt zu achten und einzuhalten gilt, der Arbeitsalltag aber für Details und Erklärungen jedoch kaum bzw. sehr wenig Zeit gewährt, für angehende Redakteure gibt. Es mutete mir insofern seltsam an, als dass ich vor einigen Wochen die für uns zuständige Person (Volobetreuerin) danach fragte und sie sich dahingehend äußerte, dass dieses Jahr bereits alle Plätze belegt seien, wobei sie gestern meinte, dass jetzt wieder überraschend gesucht würde.
Wäre ich ein „gewöhnlicher“ (wertneutral gemeint) Mainpost-Volontär, wäre das Nachdenken darüber, wann und wie ich diesen Kurs realisiere (ist Bestandteil eines jeden ernsthaft ausbildenden Volontariats) keine Frage, da unser Verlag aber, auch wenn er ein Unternehmen der Mainpost (Holtzbrinck-Gruppe) ist, eigenständig entscheidet und ich erst die zweite Volontärin überhaupt bin, gilt es, sich eigenständig dafür einzusetzen, so wie es Beate, meine Vorgängerin, auch gemacht hat, wobei ihre Konditionen neben dem Kurs vor Ort dann doch ein wenig abgewandelt waren. Mein heutiges Bestreben, mit dem Chef darüber zu sprechen, wurde mir insofern verwehrt, als dass er heute gar nicht anwesend war. Schade, denn dann hätte ich dieses klärende Gespräch, vor dem ich doch ein wenig Angst habe, schon hinter mir.

Ich glühe, ... bin geduscht (just vor einer Sekunde) und glühe doch. Ich könnte mich in den Kühlschrank setzen.

Der gestrige Volotag zum Thema die Sekte „Universelles Leben“ (UL), vornehmlich auch das 4-stündige nachmittägliche Gespräch mit fünf verschiedenen Aussteigern war hochinteressant und aufschlussreich. Was mir gut daran gefallen hat war, dass keiner von ihnen bösartig über diese Glaubensgemeinschaft, um es mal neutraler zu formulieren, in der sie selbst so lange „gefangen“ waren, berichtet hat. Sie blieben stets sachlich, differenzierten und waren für uns alle überraschend offen.

Den Vormittag nutzten wir – in Begleitung eines Jägers, der bei den „ULern“ selbst in einem sehr schlechten Licht steht (so seine Worte) – dazu, um das sehr weitläufig umpflanzte Gut, in dem die Prophetin, zu der und durch die der Herr selbst sprechen soll, lebt, aus der Ferne zu begutachten. Da mir gestern aber die abenteuerlichsten Geschichten zu Ohren gekommen sind und ich sie natürlich nur dem Hören nach kenne, bin ich jetzt ein wenig eingeschüchtert hinsichtlich dem, was ich schreiben kann, ohne dass sich jemand angegriffen, falsch verstanden oder verletzt fühlt.

Die Landflächen, die ich sah, erinnerten mich, zwar nicht durchweg, aber partiell schon, an die Toskana und die Provence. Wäre das Bewusstsein ein ungetrübtes gewesen, wäre sicherlich Urlaubsstimmung aufgekommen. Ja und wären die Kameras nicht gewesen, hätte sich dem Auge sicherlich ein tadellos pittoreskes Bild geboten, aus dem die Künstler von einst eine entzückendes Werk für die Nachwelt hätten kreieren können. Ungeachtet dessen ließ ich es mir aber trotz mulmigen Gefühls auch nicht nehmen, ein paar Photos zu machen, obwohl ich eigentlich nur das für mich Schöne einfangen wollte.

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Mittwoch, 21. Juli 2004
Hanseatisch und wissenschaftlich durchdrungene Sektlaune
Ich weiß gar nicht genau warum, aber irgendwie bin jetzt doch ein wenig (mehr?) aufgeregt. Am heutigen Volontärstag steht das Thema Sekte auf dem Programm unseres Interesses. Die in Würzburg vornehmlich ansässige namiert sich „Universelles Leben“ (UL). Auf der zum heutigen Treffen eingeladenen Mail stand, dass wir uns unter www.michelrieth.de bzw. universelles-leben.org einlesen und vorbereiten sollen. Es stehen mehrere Gespräche mit Aussteigern und dem Bürgermeister der vereinnahmten Gemeinde an. Das UL selbst wollte die Möglichkeit, sich mit uns zu unterhalten, nicht wahrnehmen, wodurch das Ganze möglicherweise etwas einseitig wird, aber mehr als Anfragen kann man ja nicht. Und wenn sie selbst keinen Anlass zur Aufklärung sehen, leisten sie meines Erachtens dem Eindruck, dass möglicherweise etwas nicht ganz stimmig ist, um es mal ganz behutsam zu formulieren, Vorschub.

Vielleicht bin ich ja ein wenig paranoid, aber ich habe das Presse-Schild im Auto erst einmal in der Tiefe versenkt, da mir zu Ohren kam, dass das UL auf selbige nicht gut zu sprechen sei und es im Ort so genannte „Wächter“ gebe. Vielleicht sollte ich mit getarntem Nummernschild fahren?

Am Wochenende haben mein Pan und ich die Einlösung meines Geburtsgeschenks (große Hafenrundfahrt und Alstertour in der Dämmerung Hamburgs) geplant, wobei wir, wenn ich mich schon einmal in nördlichen Gefilden befinde, die am Montag dazu frei genommene Gelegenheit zudem dazu nutzen wollen, nach Travemünde zur Besichtigung von „Sandworld“ zu fahren, wo wir bereits letztes Jahr erstaunlich Bauwerke begutachteten.

Theoretisch müsste ich heute auch Karos Diplomarbeit zum Korrekturlesen erhalten, wenn ja wenn, was wirklich auf sehr wackeligen Beinen stand, sie die mangelnde Zeit (sollte in zwei Wochen eine neue Arbeit anfertigen, da sie bis dato am Thema vorbei geschrieben hätte, so ihre Professorin) nicht zum Aufgeben dazu zwang.

Hoffen wir in allen Belangen auf das Beste!

Euch einen sonnig-wohlfühlenden Tag wünschend.

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Dienstag, 20. Juli 2004
Nicht mein Bier
Wollte ursprünglich mit Jo das Abschlussfeuerwerk der Kiliani (Kirmes) betrachten, das in Bälde seinen illuminierenden Beginn nimmt, doch ich war bereits zu so früh abendlicher Stunde von einer lähmenden Müdigkeit durchdrungen, dass ich mich selbst gar nicht mehr dazu aufraffen wollte und ihm relativ kurzfristig absagte, was mir menschlich betrachtet auch total leid tat, weil ich dieses Verhalten von mir nicht sonderlich liebenswürdig fand.

Jetzt scheint es loszugehen: Aus der Ferne vernehme ich die himmelsdurchdringenden dumpfen Töne, die meinem visuellen Sinn einzig aus der Erinnerung heraus die dazugehörigen bunten und schrillen Farben zeichnen.

Hätte obige Zeilen längst gepostet, wenn nicht einer dieser Anrufe gekommen wäre, ...

[Wie sag ich´s meinen Nachbarn?]

Eine Stunde habe ich durchgehalten, ...

Ich will nicht vorschnell Schlüsse ziehen, aber wo und wann beginnt Alkoholismus? Wo sind die Grenzen? Im Fluss, ...?!

Ich möchte auch nicht schimpfen, es steht mir auch nicht zu, etwas zu sagen, aber sollte man(n) mit 41 Jahren nicht schon alt genug sein, um entscheiden zu können, was für einen gut ist?

Dieses Telefonat, ich denke mein – und das meine ich jetzt nicht böse - überirdisches Gegenüber war betrunken. Wie sonst soll ich die Aussagen, dass er alles weiß und über jeden Profile erstellen könnte und auch mir Begebenheiten aus meinen Leben erzählen könnte, die mich ängstigen würden, werten?

Es ist alles zu sehr aus dem Zusammenhang gerissen. Ich kann keine 68 Minuten nacherzählen!

„Am Samstag habe ich mir die Kante gegeben: 4 Maß Bier, später sieben weitere kleine Pils und fünf Schnäpse“. Vielleicht fehlt mir das Maskulin-Gen, aber wieso macht das jemand? Das Fatale ist, dass das keine Ausnahme ist, ich selbst schon mitbekommen habe, wie groß der (Bier)Durst besagter Person ist.

Warum?

Ich arbeite ja erst seit 3. Mai in dem Verlag, aber es gab schon einige Tage, an denen man aus recht weiter Distanz K. flüssige Beschäftigung des Vorabends wittern konnte.

Es würde zu weit führen, das Thema ausführlich darzulegen, aber es scheint unter anderem etwas mit Erwartungen und Rollenverhalten zu tun zu haben.

So hart und unsozial es klingen mag, es ist nicht mein Bier. Ich kann die Last auf seinen Schultern nicht auf die meinigen hebeln. Ein gewisses Maß Eigenverantwortung gehört einfach dazu, zumal dann, wenn auf der einen Seite gejammert wird, auf der anderen aber keine Hilfe angenommen wird. Es ist so vieles, so unendlich vieles einfach nur paradox an diesem Verhalten.

Das Telefonat: Ich fühlte mich wie eine Batterie, der die Energie durch Beanspruchung zusehends abgezogen wurde. Irgendwann war auch sie verbraucht, wobei sich zu jenem herannahenden Zeitpunkt noch die Höflichkeit aufzudrängen versuchte, um das Gegenüber nicht mit einem relativ abrupten Auflegen zu enttäuschen.

Die in mir ruhende Müdigkeit reißt die Fäden der Gedankenkette auseinander, so dass das Formulieren weiter Ausführungen für mich unter den jetzigen Umständen kaum mehr zu bewerkstelligen ist. Selbst das Feuerwerk ist im Laufe des Voranschreitens dieser Zeilen längst erloschen.

Ich hatte eigentlich noch einen „runden“ Abschluss gesucht, doch die stets zufallenden Augen und das kurzfristige Erinnerungsvermögen erlauben diese Vorhaben zum heutigen Zeitpunkt leider nicht.

Insofern wünsche ich all den nächtlichen Lesern einfach nur eine traumreich-beflügelte gute Nacht.

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Mittwoch, 14. Juli 2004
Leben ohne Bezug
Ich bin mir selbst so fremd geworden, suche mich oft, aber vergebens. Wo bin ich geblieben?
Meine Ratio besinnt mich auf den Verstand, der mir sagt, dass ich vorhanden bin, doch ich spüre mich nicht.
Ich sehe mich handeln, fühle aber keine Verbundenheit zu dem, was ich tue. Habe den Bezug zum Leben verloren – innerlich! Das Fatale: Selbst wenn mir eine Fee einen Wunsch offerierte, ich wüsste nicht, was ich mir wünschen könnte, um mein Ich mit Zufriedenheit anzureichern. Wenn ich nur wüsste, was der Grund für all dieses Empfinden ist!

Die Produktion der heutigen Ausgabe zog sich aufgrund der vielen Seiten kräftezehrend in die Länge, wobei wir in der Regel den Mittwoch zum Ausgleich dafür umso ruhiger angehen lassen, was für mich morgen aufgrund des Volotages aber ausfallen wird. Schade darum!

Ich weiß noch nicht einmal, warum ich jeden Abend immer früher müde werde.

In vier Wochen steht für mich Bad Kissingen vor der Tür. Wie die Zeit doch eilt! Inzwischen bin ich ja schon etwas vertrauter mit dem „Zeitungsmachen“, zumindest von der Theorie her, obwohl ich in der Praxis noch immer nicht den Windhauch einer Ahnung habe, wie ich mit den Raffinessen des Macs im August eine passable eigene erste (Urlaubsvertretungs-) Ausgabe erstellen soll.

Mir fallen die Augen immer wieder zu, ...

Ich vermisse den Sommer! Ob auch er gerade zur Urlaubsvertretung an anderer Stelle seinen Auftritt zelebriert, obwohl wir ihn uns inzwischen mehr als verdient haben?

Vielleicht sollte ich ein Fahndungsphoto beilegen?

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