Mittwoch, 14. April 2004
Killing me softly
Der Gedanke an morgen, die zweite Runde des Vorstellungsgesprächs, bestimmt mein ganzes Denken. Wie wird es weitergehen? Ich will und kann diese Tätigkeit zu den Konditionen 650.- Euro (1.Jahr), 750.- (2.Jahr) nicht ausüben.

Die Recherche beim Deutschen Journalistenverband (DJV) brachte folgende tarifliche Regelungen zum Vorschein.


xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx 1. Jahr /// 2. Jahr

Volo Hörfunk xxxxxxxxxxx 1.386.- /// 1.644.- (+258.-)

Volo Tageszeitung xxxxxxx 1.646.- /// 1.907.- (+261.-)

"Mittelwert" aus beidem xx 1.502.- /// 1.775.- (+273.-)


Obwohl der Verlag das Unternehmen einer Zeitungsgruppe ist, und sich sogar im selben Gebäude befindet, ist er aber aufgrund seiner Eigenständigkeit nicht daran gebunden, tariflich zu zahlen.

Ich verstehe das einfach nach wie vor nicht! Meinetwegen sollen sie unter Tarif bezahlen, aber dann doch in einer solchen Höhe (siehe ggf. Mittelwert), die ein Leben auch ermöglicht.

Und während die Volontariate sowohl beim Hörfunk als auch bei der Tageszeitung im 2. Jahr eine Steigerung von über 250.- Euro erfahren, summiert der Verlag gerade mal 100.- Euro mehr auf.

Ich kann in dieser ganzen planerischen Absicht einfach nur eine völlig ungerechte Abzocke sehen, der ich mich einfach nicht unterwerfen möchte - und wenn ich wieder auf dem Schiff als Bedienung arbeiten muss!

Vielleicht hätte ich einfach nie studieren sollen, 1984, gleich nach Hauptschulende, zu Aldi gehen sollen, um den Ausbildungsberuf der Verkäuferin zu erlernen, der, wie ich seit gestern weiß, besser als das Verlagsvolontariat bezahlt wird.

Ich wünschte, mein Pan wäre da, obwohl er mir die Angst vor morgen sicherlich auch nicht nehmen könnte, wir sie aber gemeinsam besser durchleben könnten.

Was soll ich den Verantwortlichen (Chef- und Lokalredakteur) morgen denn bloß sagen?

„Wissen Sie, dass Sie weit unter Tarif bezahlen, der Bafögsatz höher ist und selbst Aldi seinen Auszubildenden zur Verkäuferin mehr Gehalt bietet?“

Soll ich sie fragen, was für eine Existenz sie von jenen Akademikern, von denen sie die Verfügung über ein Auto erwarten und ihnen mit dieser Prämisse 650.- Euro für einen Vollzeitjob bieten, annehmen? Ob jene vielleicht in Zelten nächtigen sollen? Oder schmarotzerhaft bei all jenen, die über mehr liquide Mittel verfügen?

Jeder Gedanke an das morgige Gespräch erzürnt mich. Diese finanzielle Diskriminierung schreit zum Himmel, zumal sich wahrscheinlich – aufgrund der desolaten Arbeitsmarktsituation – jemand finden wird, der diese Beschäftigung zu deren Bedingungen ausüben wird.

Ich weiß nicht, wie ich mich – im persönlichen Gespräch rhetorisch völlig minderbemittelt – adäquat mitteilen könnte. Ich befürchte nicht, dass ich verbal über die Stränge schlage, nein, dass passiert mir garantiert nicht. Die Befürchtung liegt eher im gänzlichen Gegenteil, nämlich in der Annahme dessen, dass ich mich über das Thema Gehalt völlig ausschweigen werde, obwohl es mich emotional so aufwühlt und ich ja eigentlich meinem Unmut einmal Stimme verleihen möchte.

Ich würde mich einfach nur gerne sachlich mit ihnen darüber unterhalten und auch wissen, warum sie diese niedrige Vergütung veranschlagen, wobei mir einzig die Antwort „die Nachfrage bestimmt die Höhe“ glaubhaft schien. Alles andere wären für mich sehr wahrscheinlich nur ablenkende Phrasen.

Irgendwie kann ich mich heute einfach nicht beruhigen!

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