Freitag, 25. Juni 2004
Mit sich ungeduldige und trotzende Pe
So szenisch skurril, interessant, fremdartig und überraschend anders als erwartet die letzten beiden Tage – gestern bei Gericht, heute im Gefängnis – auch waren, sie hinterlassen, zumindest bei mir, eine körperliche Ermattung, die mich heute sicherlich wesentlich früher als diese Nacht, in der ich bis drei Uhr morgens noch an dem Artikel, der heute früh um neun Uhr den Verantwortlichen vorliegen musste, über die Verhandlung schrieb, ins Reich des Schlafes entlässt.

Nachdem ich gestern sehr rasch ungeduldig mit mir wurde und mich das Gefühl des Nichtkönnens zusehends mehr vereinnahmte, geriet ich in trotzenden Konflikt mit mir selbst, der mich bis in die späten Abendstunden an einem Vorankommen hinderte. Lediglich das Bewusstsein, dass ich den Artikel unbedingt benötigte, zwang mich zu sehr später nächtlicher Stunde dazu, diesen Kampf gegen das eigene Versagensgefühl wieder aufzunehmen, was sich tränenreich und zuversichtslos gestaltete, obwohl ich ihn gegen drei Uhr morgens, aber das erwähnte ich ja bereits, fertig hatte. Mittlerweile bin ich wirklich gespannt, was die Verantwortlichen im Einzelfall morgen in der Abschlussrunde zu den jeweiligen Artikeln sagen werden, soweit das heraushörbar ist, und welche Kriterien einen löblichen Bericht ausmachen.

Wir werden ja sehen!

Momentan packt mich, wie so oft in letzter Zeit, einfach nur diese Müdigkeit, der ich mich im Anschluss sofort ergeben werde.

Möge eure Nacht eine traumreich-wohlige sein!

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Mittwoch, 23. Juni 2004
Fremder, dafür aber lieber Besuch, der die Zweifel am eigenen Ich dennoch nicht ausräumen kann
Ich frage mich nach wie vor, ob es an mir liegt? Bilde ich es mir ein, dass man mich bei den Volontärstagen schneidet? Begünstigt das vielleicht irgendeine Verhaltensweise von mir? Was mache ich nur falsch?

Bevor ich unser Blatt kannte, habe ich es, dem Augenschein nach, auch für ein miserables gehalten, diese Meinung, was die redaktionellen Belange betrifft, aber inzwischen revidiert. Von der Herkunftsquelle des Mediums bin ich an den Volontärstagen in der Regel ein Außenseiter, da unser Verlag, ein Unternehmen der Mainpost, nur einen Volontär, sprich mich, ausbildet und ich dadurch quasi zwangsläufig zu einem externen Anhängsel der anderen zwölf Mainpost-Volontäre werde.

Ich kann nicht sagen, warum es in dem dieswöchigen Seminar „Justiz und Presse“ anders ist und uns „Mainpostlern“ (obwohl ich vom subjektiven Empfinden nicht sagen kann, dass sie mich zu sich zählen), wenn ich das mal so salopp formulieren darf, auch andere Medienvertreter, soll heißen weitere Außenseiter, beiwohnen. Mir kam dieser Umstand allerdings sehr gelegen, denn so lernte ich heute Cordula von TV Touring kennen, die dort - aus meiner Sicht müsste ich fast leider sagen, da das auch zur Folge hat, dass ich sie auf künftigen Volotagen nicht mehr antreffen werde - vor zwei Wochen ihr Volontariat beendete. Mir war ihr Gesicht völlig fremd, sie hingegen meinte, dass sie mich kennen würde. Nach einiger Zeit der eruierenden Konversation enträtselten wir diese erinnerungsbehaftete Divergenz: Sie kannte mich von der Uni, an der wir beide, wenn auch mit unterschiedlichen Nebenfächern, Soziologie studierten und sogar beide im gleichen Jahr den Abschluss machten. Ich kann das Gefühl der Freude, das mir dieses völlig komplikationslose und offene Geschöpf mit ihrer Ansprache bereitete, gar nicht in Worte kleiden. In der Mittagspause hastete ich mal kurz zu Thomas und Kai hinauf, um ihnen mitzuteilen, dass heute das erste Mal jemand mit mir gesprochen hätte. Andererseits war es auch unglaublich traurig, da mir meine Ratio zweierlei zu verstehen gab: An den gewöhnlichen Volontärstagen nehmen sowieso nur „Mainpostler“ teil und selbst wenn nicht, Cordula würde keinem zukünftigen mehr beiwohnen, da sie ja nun seit zwei Wochen Redakteurin ist.

Als sie verlauten ließ, dass sie morgen sehr wahrscheinlich nicht mit im Gericht dabei sei und ich sie fragte, was sie dazu sagen würde, wenn ich sie vermissen würde, erwiderte sie: „Es würde mich ehren, wenn das der Fall sei“. Ist das nicht lieb?

Zurück zu unserem Blatt und meiner vielleicht irrigen Annahme, dass die zwölf Volontäre der Mainpost unser kostenfreies Produkt, das sich ausschließlich durch Anzeigen finanziert, während ihre Zeitung verkauft wird, belächeln. Vielleicht bilde ich es mir ja wirklich nur ein?! Vom Gefühl – und das ist natürlich immer subjektiv – her würde ich schon behaupten, dass sie sich als etwas Besseres fühlen (ich selbst hatte, wie weiter oben erwähnt, keinen guten Eindruck von unserem Blatt, wie sollen also sie einen anderen, gar besseren Eindruck haben?), was den faden Beigeschmack der Minderwertigen in mir zurückließ. Sobald ich einen Vergleich mit ihnen ziehe, halte ich keinem stand, ziehe immer den kürzeren.

Morgen sollen wir nach den Gerichtsverhandlungen einen Bericht schreiben, was ich noch nie umgesetzt habe, wobei mir all jene, die ich heute willkürlich danach fragend, darauf hin ansprach, schon etwas veröffentlicht haben, was mir nur noch mehr Angst macht. Ich habe weder einen Leitfaden noch den Hauch einer Ahnung, was bedeutsam und erwähnenswert ist. Die Artikel sollen wir mittags schreiben und sie dann einem Richter, der sie auf juristisch-inhaltliche Richtigkeit überprüft, und einer Gerichtsjournalistin per Mail senden, die sie nach anderen Kriterien bewerten wird, wobei das ganze dann am Freitag in der Podiumsdiskussion einzeln erläutert und der Beste prämiert wird. Um der Blamage zu entgehen, würde ich am liebsten gar nichts schicken. Ich glaube, das wird eine extrem peinliche Angelegenheit für mich werden. Im Augenblick bin ich sehr verunsichert und denke, dass ich den qualitativen Ansprüchen in keinster Weise genügen kann.

Inhaltlich gestaltete sich der heutige Tag, bei dem wir einen Vortrag samt Diskussion über Untersuchungshaft, der strafrechtlichen Verfolgung von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz, richterliche Erfahrung zum Opferschutz sowie die Grundsätze des Zivilprozesses hörten bzw. uns daran beteiligten, weitaus kurzweiliger als der gestrige, obwohl wir heute erst eine Stunde später aus den Sitzungsräumen hinauskamen.

Und zwischendurch schweifen meine Gedanken auch immer wieder zum 15. August, der Tag, an dem ich Planlose für drei Wochen nach Bad Kissingen muss, um dort die Urlaubsvertretung samt Zeitung zu machen, obwohl ich auch davon (noch?) nichts verstehe. Ob sie mich, wenn ich versagen sollte, entlassen werden?

Die Müdigkeit, sie lähmt, kann kaum noch klare Gedanken fassen ...

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Dienstag, 22. Juni 2004
Nutzung von regenfreien Zeitlöchern
Heute ist mal wieder so ein Tag, an dem mein Telefon eine Endlosklingel zu haben scheint. Ich bin jetzt knapp vier Stunden zuhause, habe davon aber schon über 2,5 Stunden damit verbracht, fünf Gespräche zu führen. Auch wenn ich mich wirklich (ehrlich!) über Anrufe freue, das war mir dann doch zuviel. Habe gegen frühen Abend versucht, einen Blog zu verfassen, aber jedes Mal, wenn ich ein Telefonat beendet hatte und ich mich gedanklich gerade wieder auf die mich leitende Stimmung einlassen konnte, läutete es erneut. Inzwischen ist mein Kopf mit den vielfältigsten Informationen angereichert, hinzu kommt die durch die vorangeschrittene Zeit bedingte Müdigkeit, so dass ich mich im „emotionalen Denken“, das ich zu virtuellem Papier bringen gedachte, gehandicapt fühle.

Mit dem legendären Umsonst&Draußen-Festival, dem klangreichen Mozartfest, dem erwartungsreichen Badeentenrennen sowie dem 100-jährigen Hafenfest war das vergangene Wochenende in Würzburg – neben weiteren unerwähnten anderen Highligts – veranstaltungstechnisch ein kulturell sehr vielfältiges, an dem ich gerne den einen oder anderen Event besucht hätte, wobei die Wettergötter diesen Outdoor-Vorhaben leider nicht huldigten und ich, als meiner Haare wegen eitle Person, unter diesen regnerischen Umständen auch nicht hinaus zu gehen bereit war.

Die Betrübnisse über das Nichtaufsuchen der oben erwähnten Veranstaltungen mich durchdringend wahrnehmend, nutzte ich das gestrig mittägliche regenfreie Zeitloch, um das sich in unserer Stadt nun schon zum dritten Mal ereignende Badeentenrennen, bei dem mehr als 3.000 bunt schnäbelnde Konkurrenten gegeneinander antraten, zum ersten Mal zu besuchen, während bereits zu diesem Zeitpunkt der Kleine König und Claudia beim Pan eintrudelten, wo neben der Montage von mehreren Lampen ein saftig-lockerer Schokoladenkuchen auf seinen Verzehr wartete.

Dass diese Woche Volontärswoche ist, hatte ich kürzlich bereits angedeutet. Offiziell tituliert sich dieses juristische Unterfangen als Seminar für Justiz und Presse. Neben der meist trockenen Materie war der in Bälde auf die Pension zusteuernde, akustisch Theo Lingen gleichende Dozent (Präsident eines Gerichts und Prof.) durch seinen ausgeprägten unterfränkischen Dialekt, den er neben einigen stimmbruchähnlichen Aussetzern, die ihn in ca. 3-5 Minuten Abständen unkontrolliert überkamen, doch recht amüsierlich, obwohl ich ihn hierdurch natürlich nicht lächerlich machen möchte. Heute Morgen durften wir (Volontäre) uns auch für den am Donnerstag anstehenden Besuch im Gefängnis in die Liste derer eintragen, die am Mittagessen dort teilnehmen wollen. Auf dem Speiseplan stand, ohne weitere Auswahl, Apfelkuchen mit Vanillesauce, Kompott und Kaffee. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich gerne meine Kamera (rein zur Sachinfo, nicht zu hetzerischen Zwecken) mitgenommen, was aber leider nicht erlaubt ist. Vielleicht gelingt es mir ja auch in Ansätzen, die dort gewonnenen Eindrücke in Worte zu fassen, obgleich die Unterstützung von Bildern meiner Meinung nach immer bekräftigend wirken.

Wir werden ja sehen ...

Am Mittwoch steht erstmal der Besuch im Gericht an, wo wir an mehreren Verhandlungen, über die wir in Folge berichten sollen, an.

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Wo bleibt der Sommer?
Ich weiß, dass es unangemessen wäre, diesen Sommer mit dem letzten zu vergleichen und doch frage ich mich, wo er bleibt? Die visuellen Ansätze sind mitunter ja ganz vielversprechend, so auch jetzt, wenn ich den Blick aus meinem großen Fenster in die goldene Abendstimmung schweifen lasse, allein die Temperaturen sind jene, die noch ein wenig hitzerale Unterstützung bräuchten. Kalendarisch betrachtet beginnt heute der Sommer, was meines Erachtens paradoxerweise damit einhergeht, dass die Tage nun leider wieder kürzer werden. Logisch finde ich das nicht! Subjektiv betrachtet bringe ich mit dem Begriff „Sommer“ Licht und Wärme in Verbindung und in dieses Bild passt die Reduzierung an tagesspendender Helligkeit einfach nicht hinein, zumindest nicht am Anfang des Sommers.

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Mittwoch, 16. Juni 2004
Tücken der Nacht
Mit Tränen in den Augen erwachte ich heute Morgen. Es war ein Traum, der mich selbst noch nach dem Dämmerzustand so sehr traf, dass ich selbst nach dem Erwachen weiter weinte.

Thomas hatte mich - im Traum - meiner Faulheit, meines Zuspätkommens, und des wenigen Arbeitens wegen beim Chef angeschwärzt, was dazu führte, dass mein längeres Verweilen im Verlag überdacht wurde und eine, zumindest meiner Einbildung nach, für mich nahe liegende Kündigung anstand, was mich, da ich die Phase der Arbeitslosigkeit nach langem Suchen gerade mal überwunden habe, innerlich total niederschmetterte. Mit dem Gedanken an die potentielle Entlassung saß ich mit in die Hände versunkenem Kopf fassungslos auf einer Bank, als sich um mich plötzlich einige Kinder versammelten, die mir nicht nur Teddybären und andere Kuscheltiere zum Trost schenkten, sondern mir auch verbale („wir lassen das nicht zu, dass man Dich, ausgerechnet Dich, die wir Dich so schätzen, entlässt“) und emotionale Unterstützung (Umarmungen, Wangen- und Rückenstreichler) zukommen ließen.

Der unerwartete Zuspruch rührte mich so sehr, dass der bis dahin noch aufzuhaltende angestaute Kummer über die Sorge des Arbeitsplatzverlustes sich zunächst als kleines ausbreitendes Rinnsal, das dem Gesetz der Schwerkraft über mein Wangen hinab zu laufen begann, einen Weg des Ausdrucks suchte. Die für mich von den Kindern gestartete Initiative fand ich dermaßen liebenswert, dass das begonnene Rinnsal der Tränen zu einem Meer aus Verzweiflung und Dankbarkeit erwuchs, dessen Fluss auch nach dem Erwachen, aber das erwähnte ich ja bereits, zunächst noch nicht endete.


Die Zeit drängt, ich darf und will nicht zu spät zur Arbeit kommen, denn ich möchte nicht, dass des Traumes ersonnene Szenen Wirklichkeit werden.

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bad news
Heute habe ich erfahren, dass ich bereits im August in Bad Kissingen alleine Urlaubsvertretung machen soll, was angesichts des Umstands, dass ich vom Seitenbauen nicht die leiseste Ahnung habe und im Quark Express gerade mal die minimalistischsten Grundzüge beherrsche, die totale Blamage werden wird. Bisher habe ich all meine Texte immer in vorgefertigte Kästen geschrieben, die mir meistens Kai direkt in die zu füllende Lücke der Ausgabe einstellte. Ich möchte in keinster Weise überheblich klingen, aber es ist sehr schwierig, Laien, zu denen ich mich, da ich ja nie Einblick in die Thematik hatte, auch zählte, zu erläutern, wie viele Details und Feinschliffe notwendig sind, um eine Ausgabe erstellen zu können.

Wie soll ich die Dramatik nur erklären? Ich habe heute, neben dem Besuch auf einer Pressekonferenz, gerade mal zwei lächerliche Artikel und einen „Marktplatz“ (laut Thomas und Kai „PR-Müll“) geschrieben. Und das, wie bereits erwähnt, in vorgefertigt formatierte Ein- und Zweispalter. Wie soll ich kleiner und ahnungsloser Wurm denn ganz alleine eine komplette Zeitung fertigen, zumal in einer mir geographisch nur vom Namen nach her bekannten Gegend?

Ich mache so oft Fehler im System (versuche, alleine zurecht zu kommen und erreiche dann aber genau das Gegenteil), das ich nicht beherrsche, da ich immer nur so nebenbei erfahre, was wie funktioniert. Hin und wieder habe ich auch die Gelegenheit, das Gesagte mitzuschreiben, aber selbst dann gerät das, was ich zu irgendeinem Zeitpunkt mal wieder benötigen würde, in Vergessenheit (oder das Suchen der geschriebenen Zeilen würde unter Termindruck einfach zu lange dauern, so dass ich es doch wieder mittels try and error versuche, wobei meines Erachtens der angerichtete Schaden meistens größer als die von Erfolg gekrönten Bemühungen ist.

Als Thomas heute von einer Besprechung beim Chef kam, weihte er mich über die Urlaubsvertretung in Bad Neustadt auf. „Eigentlich“, so Thomas, „wollte er Dich im Vorfeld noch woanders hin stecken, aber das konnte ich noch abwenden“. Kai, der eigentlich für mich zuständige Redakteur, war etwas erbost. „Wieso spricht der Chef nicht mit mir darüber?“, fragte er Thomas nach einer Erklärung suchend. „Bei allem Respekt muss man bedenken, dass Beate (meine Vorgängerin) alleine sieben Monate Praktikum bei uns gemacht hat, bevor sie mit dem Volontariat begann und sie auch erst dann ‚an die Front’ musste“.

Es ist ja nicht so, dass ich mich vor der Arbeit scheue, ich kann mir nur nicht vorstellen, dass ich bis August technisch so fit sein soll, dass ich eine eigene Ausgabe bewerkstelligen kann.

Nur so am Rande und mehr oder minder per Zufall erfuhr ich heute, dass mein Sonntagsaufmacher auf der Titelseite, „Himmlische Farbtupfen“, dazu geführt hat, dass beim Veranstalter die Telefone nicht mehr stillstehen, was er, der auf eine große Resonanz hoffte, sich im Vorfeld ja auch wünschte.

Seltsam, dass dieses (mein) „Halbleeres-Wasserglas-Gen“ auch in diesem Belang schon wieder den Haken an der Sache sucht.

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Dienstag, 15. Juni 2004
Das Ich im Du des Wirs
Momentan habe ich das Gefühl, als verliere ich den Boden unter den Füßen.

Wo bin ich gelandet?

In unseren Breitengraden ist es schwierig, sich der kommunizierenden Konfrontation, zumal der Mensch als soziales Wesen darauf ausgelegt ist, zu entziehen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen treffen wir täglich auf Menschen, mit denen es sich auseinanderzusetzen gilt, was ein Verstehen erforderlich macht.

Just dieses Verstehen ist es aber, das mir bei einigen Personen derzeit nicht gelingen will, weshalb ich zu hinterfragen beginne, warum Menschen sich verhalten wie sie sich verhalten. Irgendeine Intention muss ein (Re)Agieren doch haben?! Heute Mittag kam Peter aus der Produktion zu uns – Redaktion – herüber und fragte, ob wir eine aktuelle Tageszeitung hätten. Erklärenderweise sollte ich vielleicht erwähnen, dass sich genau vor unserem Büro zahllose bürden, aber da er ins Büro hineinkam, nahm ich sein Anliegen ernst und wollte ihm meine Ausgabe geben, wobei er dann aber ein x-beliebig andere, die ihn greifbarere Nähe lag, ergriff. „Der ist Producer“, meinte Thomas, die seien so. Was er bloß mit diesem „so“ gemeint hat?

Über Thomas bin ich derzeit sowieso etwas verärgert. Warum? Gestern morgen erschien mein erster Aufmacher auf der Titelseite. Ich hatte ihn am Freitag recherchiert und vorbereitet, fand ihn zwar nicht weltbestens, aber doch so, dass ich mich auf die gestrige Ausgabe freute. Noch am Freitag sprach ich mit ihm, da Kai nicht da war, ob alles so in Ordnung sei. Im Glauben, dass ich meinen Text original so wieder finden würde, las ich gestern Vormittag leider nicht nur einen etwas abgeänderten Text, sondern auch noch einen, in den, wenn auch sicherlich aus Versehen, Fehler hineinredigiert wurden. Als ich ihn heute Morgen darauf ansprach, erwiderte er in einem ironischen Unterton, dass im Zweifelsfall immer die Produktion die Schuldigen sein. Meine Überschriften hätte er „verschönert“.

Was soll ich dazu nur sagen?

Eigentlich hätte Thomas am Freitag den Artikel über das Heißluftballonevent, das war das Thema der Geschichte, verfassen sollen, wobei er mich dann aber fragte, ob ich das nicht machen würde, was ich bejahte. Ein bisschen fühle ich mich jetzt ehrlich gesagt hintergangen: Nachdem ich mehrere Telefonate führte, meine diesbzgl. noch vorhandenen Wissensdefizite im Internet um sachliche Informationen bereicherte und den Artikel schrieb, „verschönert“ er - unabgesprochenerweise - mein Gedankengut. Ich will nicht über ihn schimpfen, aber korrekt und nachvollziehbar finde ich sein Verhalten nicht.

Davon abgesehen scheint das Wort „Freund“ ein subjektiv interpretier-dehnbarer Begriff zu sein, der, wie bereits weiter oben erwähnt, im Umgang miteinander Verständnis erfordert, wobei mir gerade heute in vielerlei Hinsicht die Nachvollziehbarkeit dafür verloren gegangen ist. Vielleicht liegt es aber auch an mir, da ich ein anderes als das sowieso nicht genormt vorhandene Weltverständnis besitze und ich mich deshalb vielleicht verfrüht aus dem Fenster der erschütternden Unbegreiflichkeit lehne? Die Grenzen zwischen dem, was sittlich noch tragbar und dem, was es übersteigt, mögen sicherlich fließend sein, während der Versuch, entsagte Liebe in Freundschaft zu leben, in Vorhaltungen und Vorwürfen mündet.

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