Dienstag, 7. September 2004
Und dann war da noch ...
Kai, der mich mitten in der Nacht – wie so oft - volltrunken anruft, um mir mitzuteilen, dass er 70 Euro „versoffen“ (sein Sprachgebrauch) habe, aus dieser Stimmung heraus meines Erachtens aber nicht sensibel, wie er meint, sondern latent vorwurfsvoll wird. Er hat das Vermögen, alles, was ich sage, negativ zu deuten. Um nur ein Beispiel zu nennen. Ich fragte ihn, ob Beate, meine Vorgängerin, die mir bereits letzte Woche bei der Ausgabe unterstützend zur Seite stand, heute wohl käme, um selbiges zu tun, worauf er sofort konterte, dass ihre Hilfe mir wohl angenehmer als die seinige sei. Der Hintergrund meines Fragens war aber ein anderer, da ich heute die Ausgabe einmal alleine zu gestalten gedachte, sprich ohne Beate, einfach damit ich es besser lerne. An wessen Hilfe mir bei meinem Vorhaben – Kai sitzt übrigens im gleichen Büro wie ich, während Beate aus Schweinfurt angefahren käme - genehmer wäre, dachte ich überhaupt nicht.

Da ich mit der hiesigen Ausgabe im Vorfeld bereits sehr ausgiebig beschäftigt war, mir zudem dafür der Donnerstag fehlte, den ich – auch arbeitsbedingt – in Nürnberg verbrachte, bot mir Kai seine Hilfe für den Aufmacher (Titelstory) an. Ein Freund von ihm ist mit dem einzig weiblichen Croupier in Bad Kissingen Spielbank liiert, was er zum Anlass nahm, sie zu interviewen und daraus die Geschichte zu verfassen, was ich natürlich sehr nett von ihm fand (übrigens kann er die Geschichte auch in Wü als Aufmacher nehmen, so dass er sie nicht gänzlich für mich alleine schrieb), dennoch erfolgte in dem nächtlichen Gespräch, in dem ich mehr schwieg als sprach, die Aussage, dass er den gestrigen Tag zu 75 Prozent damit beschäftigt war, für meine Ausgabe tätig gewesen zu sein, für seine Ausgabe hätte er fast nichts gemacht, worauf ich sofort ein schlechtes Gewissen bekam.
So förderlich ich seine Hilfe auch fand, hätte ich das gewusst, hätte ich sie nicht angenommen. Mit „DAS“ meine ich nicht, dass er den gestrigen dreiviertel Tag für meine Rhöner Ausgabe aufwand, obwohl er die Story ja auch in der Würzburger Ausgabe als Aufmacher einsetzt, sondern, dass er mir erst hilft und daraus dann eine versteckte Anklage wird.

Warum ich ihn denn nicht angerufen hätte? „Du kommst von alleine wohl auch nie auf die Idee, mich mal anzurufen?“ Und „ich komme mir langsam vor wie ein Arschloch“.

Hmmmm, ....

Was soll ich darauf denn antworten?

Er ist mein Ausbilder, bekam gestern den Bewertungsbogen, den er nur mit „Einsen“ ausfüllen will, den ich, wenn ich möchte, auch selbst ausfüllen darf, er würde es auch niemanden sagen.

Ich will das aber nicht. Ich möchte nichts geschenkt!

Ich möchte eine faire Beurteilung, in der, wenn nach Pünktlichkeit gefragt wird, auch vermerkt ist, dass ich damit, auch wenn ich aufrichtigen Herzens immer pünktlich sein möchte, meine Schwierigkeiten habe.

Ich möchte keine Gefälligkeitsbeurteilung, möchte lernen und mich einbringen dürfen, möchte die Quittung – gut oder schlecht - für das, was ich in den bisherigen vier Monaten geleistet habe.

Da ich Kai, nachdem mich seine Worte in die stimmungsmäßige Tiefe zogen, was ich ihm gegenüber aber nicht äußerte, mitteilte, dass ich nicht mehr telefonieren mag und er sich einige Male „nur noch zwei Minuten“ erbettelte, schien er sich wohl schuldig zu fühlen, denn nach dem Telefonat folgte eine Salve an Entschuldigungs-SMS - wie so oft.

Ich vermute, dass er mich heute morgen wieder um Verzeihung für sein Verhalten bitten wird. Das letzte Mal war der Vollmond an seinem „Ausraster“ Schuld. Ich frage mich, ohne es zynisch zu meinen oder mich über ihn lustig machen zu wollen, was es wohl gestern war?

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Montag, 6. September 2004
One more day ...
Ich habe - sprichwörtlich betrachtet - die Nase gestrichen voll, selbst in dem Bewusstsein, dass morgen mein letzter Tag als Urlaubsvertretung dahinscheiden wird. Vielleicht, sehr wahrscheinlich sogar, liegt es ja an mir, meinem Vermögen, mich in Alles hineinzusteigern, andererseits erweist sich diese Aufregung aber selten als nicht gerechtfertigt –leider!

Jetzt sitze ich hier in Bad Kissingen, habe eben schon meine ganzen Habseligkeiten, die ich zum heimischen Gedenken hier positionierte, zusammengepackt, um darauf zu warten, dass der Austauschserver die ganzen Dateien nach Würzburg überträgt, was betrüblicher Weise nur sehr zäh von statten geht, von wo aus ich morgen, natürlich mit Unterstützung, die Ausgabe erstelle.

Ich bin einfach nur froh, wenn der morgige Arbeitstag vorüber ist, denn dann darf ich mich wieder in die Sicherheit des Volontariats begeben, in welchem ich die kommenden 20 Monate erst noch das lernen darf, was man mir jetzt schon nach vier Monaten abverlangte.

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Mittwoch, 1. September 2004
Schlimmer geht immer
Bei meinem Vermögen, halb gefüllte Wassergläser (nahezu stets) als halb leer zu betrachten, ist es schon verwunderlich, dass meine im Vorfeld aufgetürmte Besorgnis ob des heutigen Tages (mit der Gestaltung der ersten eigenen Ausgabe) nicht dazu ausreichte, um der Realität gerecht zu werden.

Ohne Hilfe – Kai, Thomas und Beate – füllten unter anderem ganze Seiten, wäre ich wohl niemals fertig geworden. Ich kann das Versagensgefühl gar nicht in Worte fassen, das mich schon seit heute morgen, weitaus ausgeprägter als sonst, in Beschlag nimmt. Mag sein, dass ich in zwei Jahren, wenn sie mich im Vorfeld nicht entlassen sollten, der Verweildauer wegen, Redakteurin bin. Die Fähigkeit, als solche auch wirkungsvoll und effizient zu arbeiten, wird mir wohl aber für immer verborgen bleiben.

Unter dem Erlebnis der heutigen Erfahrung graut es mir mittlerweile um ein Vielfaches, was die Konzeption und Gestaltung der nächsten Ausgabe betrifft. Ich bekomme meine Gedanken auch von dieser Furcht vor der neuen Ausgabe nicht mehr frei, fühle mich zudem kopfmäßig gestresst, weil keine Ruhe einkehrt, obwohl ich mir nichts anderes wünsche.

Meine Reserven sind aufgebraucht – und doch weiß ich, dass ich weiter machen muss.

Ich will nicht mehr! Nicht so! Sehne mich nach Kopfruhe.

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Dienstag, 31. August 2004
Einer dieser Tage ...
Heute ist einer dieser verdammten Tage, die ich einfach aus meinem Bewusstsein streichen möchte.

Mein erster Tag alleine.

Seltsam, dass die, die verblieben sind (Verkäufer) davon ausgehen, als sei ich im System und mit dem ganzen redaktionellen Prozedere schon vetraut.

Ich weiß nicht, wie ich den Tag heute hätte bewältigen sollen, wenn ich am Samstag und Sonntag nicht schon ausgiebig vorgearbeitet hätte, wobei mich der Umstand des am Wochenende Arbeitens noch nicht einmal so sehr stört, als vielmehr das Wahrnehmen dieser Erwartungshaltung darüber. Auch wenn mich diese Tage in Bad Kissingen – als Urlaubsvertretung – vielleicht ein wenig in die Selbstständigkeit zwingen, ich verfluche sie dennoch. Kai meinte, dass ich mir die Anzeigenverkäufer dahin erziehen sollte, dass sie mir auch die redaktionellen Beiträge von ihren Kunden mitliefern, was er in Würzburg realisiert hätte, da er keine Lust habe, aus Scheiße Gold (im allerweitesten Sinne) zu machen, er sei ja schließlich Redakteur und kein Marketingstratege. Tja, bei mir liefen sie heute ein, die Anzeigencharaktere, hatten, wenn auch im höflichen Ton, immer wieder etwas Neues (da noch ein Sonderthema, hier ein Fest, dort noch was von Opel Tigra, und und und), als hätte ich nichts anderes zu tun. Die Bilder von den zwei Terminen, die ich heute in aller Frühe wahrnahm, konnte ich vor Ort auch nicht verarbeiten, da das Lesegerät meine Karte nicht annahm. Die gewonnenen Daten aus den Gesprächen galt es ja zudem zu verarbeiten, was auch nur zäh voranschritt. Als man mir irgendwann mittags die Post vorbei brachte und ich sie der Reihe nach öffnete, staunte ich nicht schlecht, als ich zwei männliche Nacktbilder darin vorfand, obgleich ich mich bereits im Vorfeld darüber wunderte, dass bei Thomas, den ich derzeit vertrete, so viel Sexmails, sicherlich Spam, eingehen. Das Verwunderliche an dieser Begebenheit sind auch nicht die Mails an sich (privat kennt sie sicherlich nahezu jeder), sondern die Tatsache, dass er sie an die Mailadresse der Arbeit zugesandt bekommt, und das in einer ausgeprägten Anzahl (ca.35-40 Prozent aller Nachrichten).

Morgen haben wir Produktionstag, soll heißen, dass meine erste eigene Ausgabe ansteht. In Bad Kissingen wird es – anders als in Würzburg, wo wir im Haus eigener Producer haben - so gehandhabt, dass die Seiten via ISDN (warum so altertümlich weiß ich auch nicht) an ein externes Satzstudio versenden. Meiner großen Sorge wegen habe ich – mit Hilfe des Austauschservers – heute aber alles so vorbereitet, dass ich die Ausgabe auch in Wü, wo erfahrene Mac-Leute (in Bad Kissingen kennt sich einzig Thomas damit aus und der ist ja nun im Urlaub) sitzen, produzieren kann. Da diese morgen aber mit der eigenen Ausgabe beschäftigt sind, wird meine Arbeit durch die Bündelung der Produktion an einen Ort nicht weniger, wenngleich der Umstand, morgens weder eine Stunde Autoanfahrt zum Arbeitsplatz mit einzuplanen als auch jener, Wissende greifbar nah zu haben, erleichternd ist.

Und doch ersehne ich einzig den kommenden Mittwoch (8. September), ab dem ich wieder in die Rolle der schlichten Volontärin zurückschlüpfen darf, um mich langsam mit dem vertraut zu machen, was ich jetzt gewaltsam und kompakt - nach knapp vier Monaten Zugehörigkeit - schon wissen und anwenden soll.

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Donnerstag, 26. August 2004
Die Angst samt schimmernder Vofreude
Zwei Tage noch, dann stehe ich Hämpfling alleine in der Verantwortung der Bad Kissinger Ausgabe – ein Gedanke, mit dem ich mich einfach nicht anfreunden will, weil ich mich nach wie vor so unsicher fühle. Das Verfahren der Produktion ist dort eingänzlich anderes als das, das wir in Würzburg pflegen. Aber nicht nur das. Am meisten erstaunten mich die Qualitätsunterschiede, die in Würzburg weitaus höher sind, was meines Erachtens wohl darin begründet liegt, dass wir uns – mit den Verantwortlichen - im Haupthaus befinden und die dort natürlich einen gesonderten Augenmerk auf das kreierte Produkt haben. Redaktions- und/oder Ausgabenbesprechungen sind in Bad Kissingen ein Fremdwörter.

Wovor ich dann Angst habe?

Es ist die Verantwortung im Allgemeinen, dieses „für-etwas-einstehen“, von dem ich glaube, es nicht zu können, die Kluft zwischen der Theorie und Praxis.

Habe heute einen Deal zu arrangieren versucht: Wenn ich Glück habe, kann ich am kommenden Dienstag, dem Tag der Produktion, meine erste Bad Kissinger Ausgabe, mit in Würzburg erstellen, wo ich zumindest erfahrene Kollegen habe, die ich fragen könnte, wenn sich systembezogene Fehler oder andere Schwierigkeiten ergäben. Hoffe, dass das Satzstudio mir in diesem Belang auch noch wohl gesonnen ist.

Das Bonbon des Herbstes, die Tickets samt Mietauto für die im Oktober anstehende Reise in die USA, habe ich heute Mittag bezahlt, so dass zumindest dieser in naher Zukunft liegende regenerative Gedanke stets ein Licht der Vorfreude in die trüben Ereignisse des derzeitigen angstbehafteten Tages zu werfen vermag.

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